Ich verrate dir, wie du zu dir stehst

Zu sich stehen, für einander einstehen, für sich einstehen. Bist du bereit dich oder andere so anzunehmen wie du bist/ sie sind? Kannst du in einer Gruppe zu deinem Standpunkt stehen, der nicht der Standpunkt der Mehrheit in dieser Gruppe ist?

Mir fällt es sehr schwer, es fühlt sich bei mir so an, als ist ein schwerer Stein in mir und ich falle in ein Programm, ich schweige, ich fühle mich hilflos und ziehe mich zurück. Ich bin wie erstarrt, meine Gedanken sind nur in dieser, für mich, angsterregenden Situation und ich bin nicht bereit, das wahrzunehmen was ist.

Deine Vergangenheit prägt dich

In meiner Erinnerung gibt es ein Ereignis, dass mich sehr geprägt hat. Im Grundschulalter war ich ein zierliches Mädchen, schlank, vielleicht schon dürr, leicht gekrümmt. (Ich habe einen Rundrücken, d.h. ich habe eine Haltungsschwäche und sitze und gehe oft krumm.)

Es gibt eine Situation, meine Eltern und ich sind bei Bekannten und anstelle eines „Hallo“, höre ich die Worte: „Gebt ihr mal was zu essen, die sieht so dünn aus!“, in mir steigen sofort Tränen auf, die ich nicht zeigen darf, weil ich sonst noch einen Satz hören würde: „hab dich nicht so“, „ach Sandra, du musst doch nicht weinen“. Doch muss ich! In den Arm genommen wurde ich nicht oder hörte Worte, die mich beschützen. Das hat mich sehr verletzt, ich wurde nicht so angenommen wie ich bin und was ich fühle. Diese und ähnliche Situationen führten dazu, dass ich wenig rede oder mich nicht zeige und Angst habe beurteilt zu werden, weil nichts richtig ist, was ich mache und ich mich nicht gut genug fühle.

Was denken andere über mich?

Ich meide Menschenmengen oder halte mich zurück, habe Fluchtgedanken, suche Ausreden um Fremde oder neue Bekanntschaften nicht zu treffen und hoffe, dass ich nicht angesprochen werde.

Die Angst vor der Angst begleitet mich, bei Einladungen zu Partys, auf denen ich nur wenige Leute kenne, bzw. ich mich nur in der Nähe bekannter Leute wohl fühle und mich zeigen kann, kommen Tage vorher schon Fragen auf, ob sich jemand mit mir unterhalten wird. Werde ich angesprochen? Was mache ich, wenn ich alleine dastehe? Werde ich ausgelacht? Die Leute werden sich fragen, ob ich keine Freunde habe. Ich hatte die Hoffnung, wenn mir etwas  dazwischen kommt, kann ich absagen und die Angst wäre weg.

In den meisten Fällen war ich mutig und ging auf die Partys, Treffen oder Veranstaltungen, ich wollte ja erleben. Mutiger werde ich, wenn alkoholische Drinks angeboten wurden, Freunde und ich Tanzen gehen oder wenn ich im Gespräch mit nur einer Person bin. Dann konnte ich ein wenig zu mir stehen und die Angst ausgelacht zu werden, war nicht groß. Die Drinks und das Tanzen lockerten mich auf.

Ich habe ein paar Freunde in deren Nähe ich mich wohl fühle. Ich bin dankbar, dass ich mich durch sie nicht komplett verstecke und ich mutig genug bin, mit ihnen etwas zu unternehmen. Bei meinen Freunden kann ich ich sein. Würde ich mich auch vor ihnen verstecken, dann wäre ich heute sicherlich einsam.

Schau dir dieses Video von Eckart von Hirschhausen an, er beschreibt mit dem Pinguin Prinzip, wie du deine Stärken nutzen kannst.

Alleine komme ich da nicht raus

Ich lernte meinen Mann kennen und es veränderte sich, ich veränderte mich. An dieser Stelle könnte ich noch eine Liebeserklärung einbauen. Mein Mann stellte mir Fragen, die nicht so einfach zu beantworten waren.

Was macht dir wirklich Spaß?
Was kannst du gut?
Was sind deine Talente und Fähigkeiten?

Kannst du diese Fragen leicht beantworten?

Wir unterhielten uns, über mich, über ihn, was wir im Leben erreichen wollen. Sind wir mit dem zufrieden, was ist? Er bemerkte auch, dass ich, z.B. in seinem Freundeskreis ganz anders bin, als mit ihm alleine. Warum?

Da sind wir wieder bei der Angst, ich will seine Freunde kennenlernen und will auch mit ihm und seinen Freunden etwas unternehmen, sie dürfen meine Freunde sein. Ich habe Angst mich zu zeigen, ich habe Angst ihnen zu sagen, dass ich Angst habe. Würde ich mich ihnen gegenüber öffnen und über meine Angst reden, dann könnte ich ich sein, ich wäre lockerer, weil alle wissen, was in mir vorgeht. Das ich mit dieser Offenheit, Türen öffnen könnte, war mir nicht bewusst. Ich dachte nur daran, dass sie mich nicht ernst nehmen würden und versank in Selbstzweifeln und war ruhig und zurückhaltend oder mied Treffen. Gefühle offen zeigen und dazu stehen, dass ich Angst habe, das kannte ich nicht.

Was zu sich stehen für mich bedeutet

Zu sich stehen, diese drei Worte haben mein Leben wieder verändert. Als ich diese Worte das erste Mal hörte, sagte ich, das geht runter wie Schmitz‘ Katze. Erst später sagte mir jemand, dass es heißt: „das geht runter wie Öl“ oder „das geht ab wie Schmitz‘ Katze“. Es war mir egal, wie es richtig heißt, wichtig war, dass ZU SICH STEHEN für mich einfach und schlüssig zeigt, es ist okay, so wie du bist! Es fühlte sich sehr befreiend an, diese Worte, als eine Art Aufgabe zu sehen. Das hieß aber auch, dass ich nicht sofort angstfrei bin, sondern dass sie mir auf dem weiteren Weg meiner Veränderung helfen sollen und ich täglich an mir arbeite und mich langsam frei, leicht und sicher fühlen kann.

  1. Ich darf dasein. Meine Gedanken machen viele Situationen kaputt, ich warte mittlerweile ab und lass den Dingen ihren Lauf und wirke entspannter. Im Gedankenkarussell wirke ich angespannt und desinteressiert, das spüren andere und ich werde in Ruhe gelassen.
  2. Ich kann lernen mich so anzunehmen wie ich bin, als zurückhaltend und das ist okay. Als ruhiger Mensch kann ich auch Selbstvertrauen und Mut haben und fröhlich sein.
  3. Zu sich stehen bedeutet für mich, sich aufrichten, sich zeigen, gerade sein, eine Haltung einnehmen. Seit dem diese Worte in meinem Leben sind, werde ich manchmal gefragt, ob ich gewachsen bin. Meine gekrümmte Haltung spiegelte meine Angst, ich wollte mich verstecken und nicht auffallen.
  4. Es bedeutet Selbstvertrauen haben und aufbauen. Persönliche Entwicklung ist mir wichtig geworden, ich arbeite täglich an mir und es macht mir Spaß, es ist mein Hobby. Jeden Abend schreibe ich meine Erfolgserlebnisse auf.
  5. Ich öffne mich gegenüber anderen, wenn ich unsicher bin und mich nicht wohl fühle, dann sage ich, dass ich etwas ändern will. Es ist erstaunlich, welche positiven Reaktionen ich erhalte.

Höre nie auf zu lernen

In meinen Beiträgen will ich euch erzählen, wie ich Tag für Tag lerne zu mir zu stehen. Auch heute falle ich noch zurück in meine alten Programme, wenn ich in einer neuen/unbekannten Umgebung bin. Vor allem wenn Menschen anwesend sind, die sehr extrovertiert sind, fürchte ich mich etwas zu sagen. Mittlerweile kann ich die Situation immer besser annehmen und bin entspannter.

Meine nächste Herausforderung ist der Wiedereinstieg in den Beruf nach der Geburt meines Sohnes. Ich war anderthalb Jahre zu Hause und in dieser Zeit wird sich auf Arbeit einiges verändert haben. Ich bin ängstlich und neugierig zu gleich, ob ich mit gestärkter Persönlichkeit mich ins Team bringen kann.

Ich freue mich über Austausch zur Persönlichkeitsentwicklung, Selbstvertrauen, Mut oder Angst. Mich interessieren deine Erfahrungen, was hast du dafür getan mutiger zu werden? Schreib einen Kommentar oder eine E-mail.

 

Steh zu dir!

deine Sandra

9 Antworten
  1. Caterina says:

    Liebe Sandra,
    Danke für Deinen Ausdruck, der mich gerade sehr berührt. Ja, zu sich stehen befreit mein Selbst. Wenn ich mich zeige wie ich bin und meine Gedanken und Gefühle nicht mehr verstecke, dann bin ich wahrhaftig und kann mich für mein so sein aufrichten.
    Ich freue mich über Deinen Mut zu diesem Blog! Und darüber, dass Du mich gerade heute nochmal darin bestärkt hast zu mir und dem was in mir vorgeht zu stehen!
    Ganz herzlich, Caterina

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    • Sandra says:

      Danke Caterina für deine Worte. Ich freue mich sehr, dass ich dich bestärke und ich mit dem Artikel bei dir etwas erreichen konnte. Habe Mut deine Gedanken und Gefühle als für dich richtig und wichtig anzusehen.

      Antworten
  2. Thomas says:

    Liebe Sandra!
    Danke für Deine ehrlichen Worte! Einerseits hüft mein Herz vor Freude, weil du es geschafft hast, dich hier so zu zeigen und anderrerseits berühren mich deine Worte sehr. Ich merke gerade, dass es mir oft schwer fällt zu mir zu stehen bzw. ich überhaupt nicht zu mir stehe. Da ist die Angst, wenn ich zu mir stehe, mein Gegenüber mich ablehnt, nicht mehr mag oder vielleicht auch dafür verurteilt.
    Nicht zu mir zu stehen, wirkt trennend zu den Menschen; frustet; macht agressiv und sogar krank.
    Ich glaube für mich ist es ein Schlüssel für meine Entwicklung zu lernen zu mir zu stehen und im ersten Schritt darüber zu reden, wenn ich es gerade nicht kann und die Angst da ist.

    Danke für Deinen Blog!

    Antworten
    • Sandra says:

      Danke Thomas, dass auch du mehr zu dir stehen willst. Und deine Worte geben das wieder, was ich gefühlt und beschrieben habe, ich freue mich, dass dein Herz hüpft. 🙂

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  3. Melanie says:

    Ich freue mich sehr darauf mehr zu lesen. Mir ging es als Kind und auch Teenager, sehr ähnlich. Nur habe ich es nicht geschafft mich zu überwinden Einladungen zu treffen anzunehmen oder eine Ausrede erfunden um doch nicht hin zu müssen. Aus heutiger sicher
    Sicht bin ich traurig, dass ich mich so in mir zurückgezogen habe. Heute fällt es mir leichter Kontakt aufzunehmen mit neuen Leuten und neuen Situationen, trotzdem falle auch ich immer wieder in alte Muster zurück. Daher freue ich mich auf Tipps in deinen nächsten Beiträgen.

    Antworten
    • Sandra says:

      Sehr gerne Melanie. Danke, dass du dich mir anschließt und ich freue mich, dass es dir heute leichter fällt in Kontakt zu treten. Frag dich selbst, was ist heute anders als damals?

      Antworten
  4. Ulrike says:

    Liebe Sandra,
    Danke für den Link!
    Ich werde Dich gerne begleiten und neugierig in Deinen
    Blog eintauchen! Du bist mir eine wertvolle Wegbegleiterin geworden!
    Bis bald!
    ?Ulrike

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